Dienstag, 4. November 2014

Die andere Dimension

Ich erschaffe eine neue Welt! Ja, Sie haben ganz richtig gelesen, nicht mehr und nicht weniger als eine komplett neue Welt werde ich erschaffen. Sie halten mich wahrscheinlich nach diesen beiden Sätzen schon für einen komplett überdrehten, esoterisch angehauchten Spinner, aber ich werde Ihnen beweisen, dass ich eine Welt erschaffen kann und diesen Schöpfungsvorgang mit entsprechenden Fotos dokumentieren.


  Hier ist sie nun, die neue Welt. Zunächst einmal noch dunkel und leer, aber das werde ich gleich ändern. Sie meinen, das sei doch einfach nur ein Blatt Papier? Wenn Sie so wollen, ist es das tatsächlich. Aber das ist natürlich auch kein Wunder, denn die Welt, die ich erschaffe, gestalte und bevölkere, ist eine zweidimensionale Welt.




Als ersten wichtigen Schritt, werde ich diese Welt nun ein wenig erhellen. Für meine zweidimensionale Welt reicht eine einfache Lampe ja schon aus. Die späteren Bewohner werden ohnehin niemals erfahren, woher das Licht kommt. Sie kennen nur vorne, hinten, links und rechts, ein oben oder unten existiert für sie nicht.




Damit meine neue Welt nicht einfach nur eine öde, weiße, vollkommen leere Fläche bleibt, werde ich sie nun verschönern und farbig gestalten. Aquarellfarben sind das Mittel meiner Wahl, wenn Sie allerdings selbst einmal Lust verspüren, eine eigene Welt zu kreieren, tun es sicher auch Buntstifte, Filzstifte, Deckfarben, Fingerfarben oder was Sie sonst so im Hause haben.




Jetzt ist der Moment gekommen, diese Welt zu bevölkern. Natürlich kommen für eine zweidimensionale Welt auch nur zweidimensionale Wesen in Betracht. Auf ihre Erschaffung richte ich mein Hauptaugenmerk. Ich werde große Wesen erschaffen (ich nenne sie der Einfachheit halber Flachländer), kleine, rote, gelbe, schwarze und weiße. Diese Flachländer werden künftig die neue Welt bewohnen. Damit Sie ein abwechslungsreiches Leben führen können, werde ich sie auch noch mit verschiedenen Fähigkeiten und Talenten ausstatten.



Nun werde ich sie zum Leben erwecken.


Wie? Sie meinen, das wäre geflunkert, denn in Wirklichkeit, bewegen sich diese Flachländer doch nur durch meine Kraft, die ich mit meinen Fingern auf sie übertrage? Richtig! Aber das wissen diese Flachländer doch nicht und werden es auch nie in Erfahrung bringen können. Sie werden vielleicht später allerlei Vermutungen über den Ursprung ihres Lebens und die Kraft, die sie belebt und in Bewegung hält, anstellen, aber da Ihnen jegliches Verständnis für den Einfluss aus einer anderen, höheren Dimension fehlt und sie aufgrund ihrer Begrenztheit auf Ihre zweidimensionale Welt, auch niemals wirkliches Wissen über die Vorgänge in einer anderen, höheren Dimension erlangen können, werden sie solche Vermutungen in den Bereich der Phantasie, der Einbildung und des Glaubens verweisen.


Um diese Flachländer trotzdem wissen zu lassen, dass es mich gibt, dass ich sie erschaffen habe und mich um sie kümmere, werde ich sie immer wieder einmal berühren - tröstend, streichelnd, zärtlich und sanft. Sie werden diese Berührung verspüren, aber da ein "oben" für sie nicht existiert, werden sie sich fragen, woher dies Gefühl, liebevoll berührt worden zu sein, wohl gekommen sein mag. Sie werden miteinander darüber  reden und einige werden auch diesen Kontakt in die Region von Einbildung, Phantasie, Wunschdenken oder Glauben schieben. "Ich habe niemanden gesehen!" werden sie sagen. "Weder vor oder hinter dir, noch neben dir! Was du gefühlt haben willst, ist absolut nicht beweisbar, nicht messbar und widerspricht allen physikalischen Grundlagen unserer Welt."
Diejenigen, die diese Berührung wahrgenommen haben und ihr eine Bedeutung beimessen, werden antworten: "Das ist keine Frage von Beweisen oder ein wissenschaftlich zu erklärendes Phänomen! Ich weiß einfach, dass es mehr gibt, als wir sehen können. Mehr als unsere Wissenschaft messen und erforschen kann, mehr als wir uns vorstellen können. Ich glaube daran, denn ich habe es gespürt und diese Berührung war anders und schöner, als alles, was ich je vorher erfahren habe!"

Man wird sie auslachen und ihnen sagen, dass man ihnen ihren Glauben ja nicht nehmen wolle, weil er ihnen offensichtlich wichtig sei und für sie eine Krücke sein könne, um das Leben zu bewältigen. Aber letztlich, so wird man ihnen vorhalten, gäbe es nun einmal nur links, rechts, vorn und hinten, das sei erforscht und bewiesen. Man wird kichern und gelegentlich ganz gern über sie spotten, über diese spinnerten Gläubigen, die entgegen jeglicher wissenschaftlichen Erkenntnis und entgegen jeglicher Einsicht eines "normalen Verstandes" an ihrer Überzeugung festhalten.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Gehören Sie auch zu den Menschen, die etwas für unmöglich, lächerlich und naiv halten, nur weil es in einer anderen Dimension stattfindet und von dieser anderen Dimension ausgeht, die unsere Dimensionen umschließt und hervorgebracht hat? Eine Dimension in der unser Ursprung liegt und aus der die Kraft kommt, die uns, unser Leben, unsere Welt, ja das ganze Universum erhält und bewegt! Dann sind Sie wahrscheinlich auch ein "Flachländer" für den es nichts geben kann, was über seinen eigenen begrenzten Erfahrungshorizont hinausgeht. Sie glauben, alles sei von selbst entstanden, sei erforscht, durchdacht, erfasst und berechnet. Wenn etwas Sie in Ihrem Innern berührt, dann ist das "psychisch" und die Kraft, die Sie am Leben und in Bewegung hält, ist ein biochemischer Vorgang, der elektrische Ströme erzeugt. Außerhalb alles Messbaren gibt es nichts!

Ich habe kein Problem mit solchen Gedanken und Erfahrungen. So wie es mir ein Leichtes war, eine zweidimensionale Welt zu erschaffen, sie zu bevölkern und alle meine Geschöpfe gleichzeitig im Blick zu behalten, mich um sie zu kümmern und sie "lebendig" zu erhalten, so übersteigt der Gedanke, dass der Ursprung all dessen was ist, in einer anderen, höheren, von uns nicht einsehbaren und nicht verstehbaren Dimension liegt, mein Vorstellungsvermögen keineswegs. Lachen Sie ruhig darüber, aber ich spüre sehr wohl, wenn mich etwas aus dieser anderen, höheren Wirklichkeit berührt, mich sanft und liebevoll daran erinnert, dass es mehr gibt als das, was wir sehen, messen und erfassen können.

Fotos: Eigene 11/2014

5 Kommentare:

  1. Ein sehr sehr guter Aufsatz! Daumen hoch!

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  2. Mein lieber Sec, Sie kennen ja meine Grundhaltung vom Sein und sein lassen. Und so kann ich auch mit Überzeugung meinen Glauben leben und andere den ihrigen leben lassen. Es gibt vieles, was uns Menschenkinder durchdringt und verbindet und Zeit und Raum spielt dabei keinerley Rolle. Ihr Bild von den von Ihnen belebten Flachländern ist ein sehr treffliches. Danke für's Mit-Teilen. Herzlichst zugetan, Ihre Käthe.

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    1. Vielen Dank für Ihren Kommentar, der mich auf einen interessanten Gedanken gebracht hat. Der Satz "meinen Glauben leben und andere den ihrigen leben lassen" wird sich sicher bald einmal in einem neuen Blogeintrag niederschlagen.
      Herzliche Grüße, Sec

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    2. Lieber Sec, das ist natürlich wunderbarst, wenn meine Worte sich mit Ihren vermählen und daraus Neues entsteht. Freundliche Mittagsgrüße, Ihre Käthe, feinsthandnotatverschickend.

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